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Wie Kommunen Finanzinvestoren auf dem Wohnungsmarkt in Schach halten

Seit Ende der 1990er Jahre kontrollieren internationale Finanzinvestoren große Teile des Wohnungsmarktes. Viele kommunale und private Wohnbaugesellschaften sind in der Hand sogenannter Private Equity Unternehmen. Durch ständige Wiederverkäufe der Wohnbaugesellschaften sowie Einzelprivatisierung treiben Private Equity Wohnbaugesellschaften die Mietpreise in die Höhe und lassen gleichzeitig ganze Stadtteile verkommen. Die Enquetekommission wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren hat dem Landtag in Nordrhein-Westfalen in ihrem Abschlussbericht im Juli 2012 mögliche Handlungsoptionen aufgezeigt.

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Die Enquetekommission wohnungswirtschaftlicher Wandel und ihre Ziele

Eingesetzt wurde die Enquetekommission wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren im Februar 2011 durch den nordrhein-westfälischen Landtag. Mit Unterbrechungen arbeitete die Kommission schließlich bis März 2013, wobei sie im Juli 2012 einen ersten Abschlussbericht vorlegte.

Das Augenmerk der Enquetekommission lag vor allem darauf, wie das Engagement internationaler Finanzinvestoren den Wohnungsmarkt vor Ort beeinflusst. Dabei wurden für die Kommission unterschiedliche Ziele formuliert, die im Einzelnen lauteten:

Die Enquetekommission sollte explizit herausfinden, wie die Wohnungswirtschaft und die Wohnungsaufsicht dem Problem der Wohnbauverwahrlosung und steigender Mietpreise entgegenwirken können.
Es sollte ein Katalog mit Mindestanforderungen an die Wohnungswirtschaft aufgestellt werden.
Die Kommission sollte untersuchen, welche Strategien und Handlungsspielräume Kommunen im Umgang mit Finanzinvestoren und Schrottimmobilien haben.
Die Rolle der Wohnungswirtschaft sowie die Möglichkeiten einer Regulierung sollten geprüft werden.
Die Kommission sollte untersuchen, inwiefern der Mieterschutz durch die Mehrfachverkäufe und ggf. die Subventionierung von Private Equity Wohnbauunternehmen durch die SGB II Gesetzgebung beeinträchtigt wird.

Diesen Einfluss haben internationale Finanzinvestoren auf kommunale Wohnungsmärkte

In den vergangenen 25 Jahren haben globale Finanzinvestoren vermehrt öffentliche und private Wohnbaugesellschaften aufgekauft und sich so große Teile der kommunalen Wohnungsmärkte angeeignet. Dabei werden die aufzukaufenden Wohnungen tendenziell so hoch wie möglich bewertet, um so höhere Kredite aufnehmen zu können und weniger Eigenkapital einbringen zu müssen. Hierbei steigern die Finanzinvestoren ihre Eigenkapitalrendite auf bis zu 25 Prozent. Dabei sind zwei Aspekte des Geschäftsmodells ganz wesentlich:

Die Mieten der aufgekauften Objekte werden durch die neuen Eigentümer zum Teil drastisch angehoben. Gleichzeitig senken die Investoren ihre Kosten für Verwaltung und Instandhaltung der Wohnobjekte ebenfalls erheblich.
Einzelne Objekte werden in Eigentumswohnungen umgewandelt und zu hohen Preisen verkauft, was den Profit abermals steigert. Experten sprechen hierbei von Einzelprivatisierung.

Diese Form der Gewinnmaximierung lässt sich allerdings nur über einen bestimmten Zeitraum hinweg betreiben. Deshalb verkaufen die meisten Private Equity Unternehmen die gehaltenen Wohnungsbaugesellschaften in der Regel nach spätestens fünf bis zehn Jahren an den nächsten, höchstbietenden Fonds.

Die Auswirkungen auf kommunale Wohnungsmärkte sind enorm und zeigen sich in verschiedenen Facetten:
Durch die stetigen Wiederverkäufe der Wohnungsbaugesellschaften, die mit immer neueren Mietsteigerungen einhergehen, steigt der Mietspiegel in vielen Gegenden über die Jahre über Gebühr an. Weiterhin sorgen die Einzelprivatisierung und die durch die hohen Mieten entstehende Gentrifizierung für einen Mangel an günstiger Wohnbebauung.

Darüber hinaus fördert der geringe Aufwand für Verwaltung und Instandhaltung durch die Private Equity Wohnbaugesellschaften einen fortschreitenden Verfall der Wohnobjekte. Es entstehen immer mehr der sogenannten „Schrottimmobilien“, die ihrerseits eine erhebliche Wertminderung für die angrenzenden Areale bedeuten. In den betroffenen Quartieren setzt eine Gettoisierung ein, sodass ein Kreislauf aus Wertminderung und Verfall entsteht. So kommt die Enquetekommission des nordrheinwestfälischen Landtages in ihrem Abschlussbericht zu der Erkenntnis, dass Private Equity Wohnbaugesellschaften zur sozialen Spaltung beitragen.

Fazit der Enquetekommission wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren

Der Schluss, zu dem die Enquetekommission kommt, scheint erst einmal ernüchternd: Eine stärkere Regulierung von Private Equity Wohnbauunternehmen wäre sinnvoll, scheint aber aufgrund der voranschreitenden Globalisierung und Innovation wenig zielführend.

Als zielführender als eine Regulierung erachtet die Kommission beispielsweise die Anpassung der Grunderwerbsteuern, um durch eine Erhöhung der Transaktionskosten beim Kauf und Wiederverkauf der Bestände die Investoren direkt auf Ebene des Kapitals zu treffen.

Ebenso empfiehlt die Kommission, dass man den Investoren ihr Geschäftsmodell direkt auf Objektebene unattraktiv machen müsste. Hierfür müssten etwa die Kommunen das Problem der Wohnungsmarktverwahrlosung und Verteuerung anerkennen, politisch priorisieren sowie nötige finanzielle und personelle Mittel zur Bekämpfung bereitstellen.

Beispielhaft wäre hier eine Lizenzpflicht für die gewerbliche Vermietung von Wohnraum. So könne man den Eigentümern bei Vernachlässigung ihrer Pflichten mit Lizenzentzug drohen, führt die Enquetekommission aus.
Außerdem regt die Kommission die Einrichtung von Sammelstellen für Eigenkapital an, das wiederum explizit nachhaltigen Investitionen in Wohnungsmietbestände gewidmet wäre. Die Enquetekommission ist überzeugt, dass solche Housing Investment Trusts das Geschäftsmodell der Private Equity Wohnbaugesellschaften an der Quelle austrocknen würde.

Gutachten herunterladen (Endfassung Juli 2012)
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